Bei der Untersuchung des umfangreichen römischen Landgutes auf dem Steinacker bei Jülich-Kirchberg im Frühjahr 1997 entdeckte man auf der höchsten Stelle des Geländes eine Befestigung in Form eines Burgus. Am Burgusgraben zeigte sich eine unregelmäßige Grube von 6 m x 4,5 m Größe. Knapp 1 m unter der heutigen Geländeoberfläche kam darin ein menschliches Skelett von etwa 1,60 m Länge zum Vorschein.
Die Bauchlage und der ungewöhnliche Befundzusammenhang wiesen darauf hin, dass es sich nicht um eine reguläre Bestattung handeln konnte. Neben dem Toten, der einen bronzebeschlagenen Gürtel trug, wurde ein längliches Eisenobjekt sichtbar. In der Werkstatt des LVR-Landesmuseums Bonn zeigte sich bald, dass es sich um ein 1,10 m langes Rohr aus 2 bis 4 mm starkem Eisenblech handelte.
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Das Rohr wies eine flächige schwarze Verfärbung der Oberfläche auf, die auf eine Brandkatastrophe zurückgehen dürfte. Drei Jahre lang musste es nach der Natrium-Sulfid-Methode entsalzt werden, bevor man es restaurieren konnte. Anhand von Vergleichsmaterial ließ sich das Fundstück als Spritze einer Pumpe zur Feuerbekämpfung deuten. Im Experiment erzielte es die beachtliche Spritzweite von etwa 25 m.
Aufgrund dieses seltenen, wichtigen Fundes kann man den Schacht am Burgusgraben wohl als Wasserbehälter für die Feuerlöschpumpe, also als Feuerlöschteich, ansehen.
Die Skelettreste, die bei dem Feuerlöschrohr gefunden wurden, stammen entgegen den ersten Vermutungen nicht von einem, sondern von zwei Menschen. Der eine war ein 30 bis 40 Jahre alter Mann. An seinem linken Oberarm und im Bereich des Beckens ist eine deutliche Grünfärbung festzustellen, die sich durch das Tragen einer Gürtelschnalle erklären lässt. Sie weist den Träger als römischen Soldaten aus. Das zweite Individuum starb mit 13 bis 14 Jahren: Dieser Junge war vielleicht ein Helfer unseres Militärfeuerwehrmannes.
In einem Brunnen wurden weitere menschliche Skelettreste aus der selben Zeit entdeckt. Vermutlich handelt es sich um eine Frau von 50 bis 70 Jahren. Am zweiten Halswirbel sind Spuren eines Bruchs zu erkennen, der auf Gewalteinwirkung zurückzuführen ist.
So kann der Anthropologe aus den menschlichen Skeletten eine kriegerische Katastrophe rekonstruieren, bei der ein römischer Soldat und sein jugendlicher Helfer sowie eine ältere Frau, die wohl in der Villa lebte, ums Leben kamen. Die Toten konnten von ihren Hinterbliebenen nicht ordnungsgemäß bestattet werden. Sie blieben vermutlich noch einige Zeit liegen, bis sie in den Feuerlöschschacht und den Brunnen geworfen wurden.
Die Ausgrabung in Jülich-Kirchberg hat darüberhinaus gezeigt, dass Villa und Burgus um 355/56 n. Chr. gründlich geplündert wurden. Die Datierung wird durch zahlreiche Münzfunde gestützt. Die Funde stehen also in Zusammenhang mit dem Franken-Einfall, der aus der Geschichtsschreibung bekannt ist, und der mehrmonatigen fränkischen Besetzung des Rheinlands nach dem Ende des „Gallischen Sonderreichs" und der Ermordung des römischen Heerführers Silvanus.