Zahlreiche Ausgrabungen innerhalb des Projektes „Von der Spätantike zum Hohen Mittelalter – Landschaftsarchäologie Untersuchungen im Raum Inden-Pier“ der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie der Universität Bonn, des LVR-Landesmuseums und des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege, führten 2016 zu der Entdeckung frühmittelalterlicher Siedlungsstrukturen zwischen Haus Verken und dem ehemaligen Ortsteil Vilvenich. Diese bietet neue Einblicke in die frühmittelalterliche Siedlungsstruktur und -genese Piers und seiner Umgebung, deren Spuren sich bislang nur im Ortskern und beim Gräberfeld bei Haus Verken gezeigt hatten.
Die Ansiedlung bestand während der Merowinger- und der beginnenden Karolingerzeit. Insgesamt kann anhand der gemachten Funde und Radiokarbondatierung eine Siedlungsphase frühestens ab der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts bis an das Ende des 9. Jahrhunderts angenommen werden.
Die Baustrukturen
Das circa 750 Quadratmeter große Siedlungsareal umfasste die Strukturen von zwei Pfostenbauten im Süden, zwei darübergelegenen Grubenhäusern, einen Brunnen am nördlichen Rand des Siedlungsplatzes sowie eine mögliche Ofenstruktur und mehrere Gruben im Westen. Im Norden wurde der Siedlungsplatz durch eine große Kiesgrube gestört. Aufgrund des Fundmaterials und der Radiokarbondatierungen können der einschiffige Pfostenbau 2 und eventuell der Ofen zu den frühesten Strukturen gezählt werden. Der aus Grauwackequadern trockengemauerte Rundbrunnen wurde wahrscheinlich erst am Ende des 7. Jahrhunderts errichtet. Der dreischiffige Pfostenbau 1, welcher im Westen einen kleinen, erdkellerartigen Anbau aufwies, kann aufgrund der wenigen Keramikfunde nur allgemein der Merowinger- bis Karolingerzeit zugewiesen werden. Diese Datierung trifft auch auf die beiden Grubenhäuser 1 und 2 zu, die beide jeweils noch ein Pfostenloch auf einer Schmal- und einer Längsseite besaßen (Wandpfosten). Die im Westen des Siedlungsplatz gelegenen kleineren Gruben könnten Lehmgruben für den Hausbau oder Wassergruben für die Tiere gewesen sein.
Die einzelnen Befunde zeichneten sich durch keine auffällige Vertikal- oder Horizontalstratigraphie aus, die eine zeitliche Identifizierung der Baustrukturen hätten unterstützen können.
Es ist nicht auszuschließen, dass sich außerhalb des erfassten Siedlungsareals weitere Siedlungsstrukturen befanden (z B. in Form von Wohnbauten oder Tierställen). Hinsichtlich der typischen Einzelgehöftstruktur im Frühmittelalter handelte es sich bei den Hausbefunden um den Bestandteil einer Hofanlage, die isoliert für sich gelegen zu haben scheint. [...]
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Kontakt: s5frkoth@uni-bonn.de
Der Siedlungsplatz. Die Baustrukturen umfassen einen Brunnen, zwei Grubenhäuser, zwei Pfostenbauten (einer davon mehrschiffig) sowie eine mögliche Ofenstruktur und weitere kleine Gruben im Westen. Karte: Franziska Kothe