In Pier (Kreis Düren) lebten noch vor wenigen Jahren fast 1300 Einwohner. Das Dorf war bis 2014 ein Teil derjenigen Landschaft, die durch den rheinischen Braunkohlentagebau sukzessive verloren geht (Abbildung). Im Vorfeld der Kohlegewinnung waren archäologische Untersuchungen notwendig geworden, woraus sich für die Mittelalterarchäologie eine äußerst seltene Chance zur Erforschung des ländlichen Siedlungswesens im nördlichen Rheinland eröffnete. Die Feldarbeiten des dafür eingerichteten Forschungsprojektes wurden von der Institutsabteilung für Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie der Universität Bonn aufgenommen und mit landschaftsarchäologischen Methoden durchgeführt (Antrag Nr. 232). Mit Unterstützung der Archäologiestiftung konnte der Ort in Zusammenarbeit mit dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland großflächig untersucht werden. Erste Ergebnisse und Interpretationen des Fundplatzes wurden veröffentlich.
Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein Teil der Ausgrabungen des „Pier-Projektes“ wissenschaftlich aufgearbeitet. Dies gelang durch ein großzügiges Stipendium der Archäologiestiftung. Am Westrand des modernen Dorfes wurde in zweijähriger Feldarbeit ein hochmittelalterlicher Siedlungsteil untersucht. Durch die großflächige und sorgfältige Untersuchung der Befunde waren Aussagen zur sozialen Struktur und den einstigen Handlungen der dort lebenden bäuerlichen Bevölkerung im 12. Jahrhundert möglich.
Die hochmittelalterliche Besiedlung von Pier war bis dato so gut wie nicht bekannt. Dieser Umstand ist beispielhaft für den im Allgemeinen mangelhaften Forschungsstand des ländlichen Siedlungswesens innerhalb der mitteleuropäischen Altsiedellandschaften. Die soziale Welt des ländlichen Raums, ist ebenso wenig erforscht wie das Wirtschaftsgefüge einzelner Siedlungen. Die Leistungsfähigkeit des Handwerks und der Umfang des ländlichen Gewerbes sind in der Forschung oft unterschätzt worden. Insgesamt fehlt es noch immer an Regionalstudien, besonders im Rheinland. In modernen Dorfkern gab es nur selten Ausgrabungen, die mit modernen Methoden durchgeführt wurden. [...]
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Kontakt: Torsten Rünger, truenger@uni-bonn.de
Geländemodell der Echtzer Hochfläche mit Ortschaften und historischen Wasserläufen um 1800 mit Blick nach Südwest. Digitales Geländemodell: Thosten Rünger; Daten: Bezirksreg. Köln, Abteilung Geobasis NRW