Im Frühjahr 2011 wurde das ehemalige Rittergut Haus Pesch infolge der anstehenden Braunkohleförderung zurückgebaut. Bei den folgenden archäologischen Ausgrabungen wurde unter anderem zahlreiches organisches Material geborgen. Bei dem Leder handelt es sich um 24 Stellen mit 171 wassergefüllten Fundtüten. Die Funde wurden zunächst vorgereinigt, PEG-getränkt und gefriergetrocknet. Somit war das organische Material zunächst trocken und lagerfähig.
Die Lederfunde
Analysen des Narbenbildes zeigten, dass nahezu alle Fragmente aus Rindsleder gefertigt sind. Nur wenige kleinere Teile bestehen aus höherwertigem Ziegenleder. Die Faseranalyse des Nahtmaterials ergab die typische Verwendung von pflanzlichen Fasern und Sehnen. Anhand der gut erhaltenen Herstellungspuren lässt sich die Konstruktionsweise sehr gut nachvollziehen, so dass während der restauratorischen Maßnahmen eine Vielzahl von Fragmenten funktional und typologisch eingeordnet werden konnten. Nach langwierigen Prozessen des „Puzzelns“ und Rückformens in einer Klimakammer konnten teilweise ganze Schuhe zusammengefügt werden.
Es handelt sich hauptsächlich um Schuhteile, die in Form und Größe sehr unterschiedlich sind. So konnten zum Beispiel einige Kinderschuhe rekonstruiert werden, bei denen sich das Schnittmuster häufig ähnelt. Die Sohle und das Oberleder bestehen jeweils aus einem Stück und sind wendegenäht. Auf der Ferseninnenseite wurde ein dreieckiges Lederstück zur Verstärkung eingenäht. Entlang der Oberkante sind Nahtspuren zu finden, welche auf eine umlaufende Schafteinfassung (Paspelierung) schließen lassen. Um die Sohle befindet sich ein Sohlenstreifen, der Rand. Er schützte vor Abnutzung, Feuchte und Schmutz und sollte das Oberleder möglichst eng an die Sohle binden. Mit einer Befestigung über den Spann, mittels Schnürung, Riemen, Schnallen oder Knebel schloss man die Schuhe. Der niedrig geschnittene Knöchelschuh ist ein beliebtes Modell des 14./15. Jahrhunderts und wurde in Haus Pesch auch von Erwachsenen getragen. [...]
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Kontakt: Juliane Bausewein, juliane.bausewein@lvr.de
Foto: Juliane Bausewein